Inhalt:
Bayreuth und das Bayreuther Land bis zur Reformation
- Das Christentum kommt nach Oberfranken
- Gründung des Bistums Bamberg 1007
- Die kirchliche Organisation in vorreformatorischer Zeit
- Wechselnde Herrschaftsverhältnisse in Bayreuth
- Das „Kurfürstlich-burggräfliche Kirchensystem“
Die Reformation in Bayreuth
- Die ersten Predigten in deutscher Sprache
- Die Reformation als Volksbewegung
- Reformation und Rekatholisierungsbewegungen
- Die Reformation setzt sich durch
- Die Anfänge der Superintendur (des Dekanats) Bayreuth
Bayreuth auf seinem kulturellen Höhepunkt als Residenzstadt
- Bayreuth wird Residenzstadt
- Bayreuth unter Markgraf Friedrich und Markgräfin Wilhelmine
- Die erste Konfirmation in der Stadtkirche
- Bayreuth wird bayerisch
Richard und Cosima Wagner als Bayreuther Gemeindemitglieder
- „Wie schön ist doch die Religion“
- Nähe und Distanz
Bayreuths evangelische Christen zur Zeit der Nazidiktatur
- Bald wehte die Hakenkreuzfahne von der Stadtkirche
- Betreff: Kirchenstreit
- Widerstand ...
- ... und Ergebung
Das Dekanat Bayreuth von 1945 bis zur Gegenwart
Die Superintendenten und Dekane Bayreuths von 1558 bis Heute
Stadtkirche um 1614
Bayreuth und das Bayreuther Land bis zur Reformation
Das Christentum kommt nach Oberfranken
Bald nach Gründung des Bistums Würzburg 741 durch Bonifatius rückte auch das Obermainland ins Licht der Geschichte. Der Königshof Hallstadt und die Pfalz Forchheim (beide 805 erwähnt) waren Grenzorte des Karolingerreiches und Ausgangspunkt für die weitere Erschließung und Christianisierung der östlichen Gebiete. So erreichte in der Folgezeit die fränkische Landnahme die westlichen Teile des Frankenwaldes und des Fichtelgebirges.
Gründung des Bistums Bamberg 1007
Die eigentliche „Geburtsstunde der kulturellen Eigenentwicklung Oberfrankens in geschichtlicher Zeit“ (Otto Meyer) erfolgte schließlich durch die Gründung des Bistums Bamberg 1007 durch Kaiser Heinrich II.
Zu den ältesten Pfarreien aus dieser Zeit sind - wohl als Urpfarrei - Bindlach, die Bayreuther Altenstadt und St.Johannis, das frühere Altentrebgast, zu nennen.
Als ältester Existenznachweis Bayreuths anzusehen ist eine am 9.November 1194 durch Bischof Otto II. von Bamberg unterzeichnete Schenkungsurkunde für das Kloster Prüfening bei Regensburg, das unterzeichnet ist mit „Datum Baierrute“ - gegeben zu Bayreuth.
Da die Urkunde im Beisein vieler anderer „Kanoniker und Ministerialen“ ausgestellt wurde, kann man vermuten, dass diese kirchliche Großveranstaltung in einem Kirchengebäude stattfand. Es könnte deshalb an diesem Tag auch die Einweihung des ersten Bayreuther Gotteshauses stattgefunden haben.
Die kirchliche Organisation in vorreformatorischer Zeit
Da es für das 13. und 14.Jahrhundert kaum zeitgenössische Quellen gibt, erhalten wir erst durch das Landbuch von 1421 Auskunft über die kirchliche Organisation aus jener Zeit. Dort heißt es:
„Die rechte Hauptkirche und Pfarrei zu Bayreuth ist aus dem Gotteshaus des heiligen Bischofs St.Nikolaus entsprossen, und obwohl dann die Pfarrei Bayreuth genannt wird, so ist die rechte Pfarrei doch daselbst in der Altenstadt.“ Damit ist die Nikolauskirche als die Mutterkirche der ersten Bayreuther Stadtkirche angesprochen und die Altenstadt als das Zentrum der Pfarrei zu verstehen, das später von Bayreuth abgelöst wurde.
1255 wird erstmals ein Geistlicher in Bayreuth nachweisbar. Dieser „sacerdos Ludevicus“ (Priester Ludwig) war noch der Pfarrei Altenstadt unterstellt. Erst 1311 wird mit Pfarrer Ott von Bayreuth ein Priester erwähnt, der als Amtsinhaber der Pfarrei Bayreuth bezeichnet wird.
Aus dem 15.Jahrhundert wurde ein Verzeichnis der Archidiakonate und Pfarreien des Bistums Bamberg überliefert. Die Archidiakonate waren Kirchenbezirke einer Diözese. Danach war die Pfarrei Bayreuth zusammen mit Bindlach, Berneck, Lanzendorf, Eckersdorf, Harsdorf und Drossenfeld, sowie weiteren fast 100 Pfarreien dem Archidiakon in Kronach unterstellt.
Wechselnde Herrschaftsverhältnisse in Bayreuth
Unter dem Grafen Otto VII. von Andechs (1204-1234) wurde 1231 Bayreuth erstmals als Stadt bezeichnet.
Im Zuge der Erbfolgestreitigkeiten nach dem Tod Ottos VIII. 1248 kam Bayreuth zusammen mit Berneck an Burggraf Friedrich III. von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern. Seine Nachfolger bauten ihre Stellung aus und Friedrich VII. wurde schließlich Markgraf von Brandenburg und Kurfürst.
Da er der Verbrennung des tschechischen Reformators Johannes Hus zugestimmt hatte, wurde sein fränkisches Territorium 1430 von dessen Anhängern, den Hussiten, überfallen, die Bayreuth kampflos einnahmen und alle Kirchen niederbrannten. Die Stadt mit ihren kaum mehr als tausend Einwohnern wurde fast völlig zerstört. Damals gingen auch fast alle kirchlichen und städtischen Urkunden und Schriften verloren. Mit dem Wiederaufbau der Stadt wurde zwar sogleich nach Abzug der Hussiten begonnen, man brauchte aber Jahrzehnte, um die schlimmsten Schäden zu beseitigen. Die Wiederherstellung und Neuerrichtung der Stadtkirche zog sich bis etwa 1470 hin.
Das „Kurfürstlich-burggräfliche Kirchensystem“
Aus dem Jahr 1440 ist ein amtliches Schriftstück über das „Kurfürstlich-burggräfliche Kirchensystem“ erhalten, das erkennen lässt, dass die Kirchenbezirke nach den damaligen markgräflichen Ämtern ausgerichtet waren. Für das Amt Bayreuth wurde die Pfarrei Bayreuth mit der Spitalkirche und der Kapelle Heilig Kreuz genannt, während die Altenstadt mit der in Schutt und Asche liegenden Nikolauskirche nicht erwähnt wurde. Dem Bayreuther Pfarramt unterstellt und von dort aus versorgt wurden die Kapellen Mistelgau, Eckersdorf und Stockau. Als selbständige Pfarreien des Amtes Bayreuth „auf dem Lande“ wurden aufgeführt: Bindlach, Gesees mit einer Kapelle in Mistelbach, Obernsees, Busbach mit der Kapelle Tröbersdorf, Neunkirchen, Benk und Weidenberg. (Quelle: Dekanatsbuch 1993, Karl Müssel)
Ein Blick in die Fürstengruft unter der Stadtkirche
Die Reformation in Bayreuth
Die ersten Predigten in deutscher Sprache
Bereits 1499 wurde in Bayreuth wie schon vorher in einigen anderen Städten eine Stadtpredigerstelle geschaffen, die eine bemerkenswerte Neuheit war: Sie diente hauptsächlich der deutschsprachigen Vermittlung des Wortes Gottes und kam damit einem Bedürfnis entgegen, das in allen Kreisen der Bevölkerung ständig im Wachsen war. Stifter der Stadtpredigerstelle war der humanistisch gebildete Bayreuther Dr.Johannes Bühl, der es als Leibarzt eines bayerischen Herzogs in Landshut zu einem Vermögen gebracht hatte.
Die Reformation als Volksbewegung
Die Reformation kam bald nach 1517 als Volksbewegung auch nach Bayreuth, vollzog sich allerdings in Ruhe und ohne großes Aufsehen. Die 14 Priester an der Stadtkirche schlossen sich bis auf 2 Luthers Lehren an, predigten auf deutsch, teilten des Abendmahl in beiderlei Gestalt aus, unterließen katholische Bräuche, verzichteten auf ihre Privilegien, wurden Bayreuther Bürger und zahlten Steuern. Der Stadtrat, der in vielen Fällen das Patronat über die Pfarrstellen und die Aufsicht über die Stiftungen hatte, zeigte damit offensichtlich sein Einverständnis.
Als namhaftester Stadtprediger amtierte von 1504 bis 1541 Magister Nikolaus Schamel aus Mistelgau. Wie sein Adjunkt Johann Beheim war er reformatorisch gesinnt. Er arbeitete für eine Erneuerung der Kirche und diente der Gemeinde als Seelsorger.
Reformation und Rekatholisierungsbewegungen
Markgraf Casimir wollte die Gunst des Kaisers nicht verlieren und erließ deshalb das Ansbacher Interim vom 10.10.1526, mit dem er die Wiederherstellung der katholischen Zeremonien und Gebräuche verlangte. Drei der Vorkämpfer der Reformation ließ er verhaften, darunter den Bayreuth Pfarrer Georg Schmaltzing, welcher dem Bischof von Bamberg ausgeliefert wurde und dort in der Haft zum Widerruf genötigt wurde.
Nach dem Tod Casimirs 1527 führte dessen Nachfolger und jüngerer Bruder Georg (früher „der Fromme“ genannt), ein überzeugter Lutheraner, die Reformation auch staatlicherseits durch. 1528 wurden im Rahmen der Brandenburg-Nürnbergischen Kirchenvisitation alle Pfarrer vor eine Kommission gerufen, die ihre Kenntnisse im evangelischen Glauben prüften. Wer bestand, durfte auf seiner Stelle bleiben. Wer schwache Kenntnisse hatte, wurde zur Nachschulung nach Wittenberg geschickt. Wer katholisch bleiben wollte, musste seine Stelle verlassen. 1533 wurde durch die Brandenburg-Nürnbergische Kirchenordnung die Reformation endgültig eingeführt. Von den 14 Priestern an der Stadtkirche blieben nur vier Pfarrer übrig.
Gefährdet wurde die Reformation noch einmal unter Markgraf Albrecht (1541-1548), der Sohn Casimirs. Er verlangte als 19-Jähriger die Herausgabe seines väterlichen Erbes von Markgraf Georg und machte sich daran, die alte Religion wiederherzustellen. Als Parteigänger des Kaiser wollte er das „Augsburger Interim“ durchsetzen, doch die Geistlichen im Fürstentum leisteten Widerstand und nahmen sogar die drohende Vertreibung aus ihrem Land in Kauf.
Auch das Volk widersetzte sich. Angeblich soll Stadtpfarrer Johann Prückner, der ebenfalls das „Bedenken gegen das Interim vom 24.8.1548...“ unterschrieben hatte, in einer schwachen Stunde doch eines Tages im alten Messgewand am Altar erschienen sein und den Gottesdienst mit einem lateinischen „dominus vobiscum“ begrüßt haben. Woraufhin die ganze Gemeinde die Kirche verlassen habe. Doch Albrecht wurde das Erbe abgesprochen und im „Markgräflerkrieg“ wurde er geschlagen.
Die Reformation setzt sich durch
Endlich kam mit Markgraf Georg Friedrich, dem Sohn Georgs, ein lutherischer Herrscher an die Macht, der eine Rekatholisierung verhinderte, die in der Zwischenzeit unter kaiserlicher Verwaltung gedroht hatte.
Nach Jahren der Unsicherheit konnte auch in Bayreuth nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 („cuius regio eius religio“) schließlich eine Konsolidierung der kirchlichen Verhältnisse erreicht werden.
Die Pfarreien wurden nun in Superintendenturen (erst in bayerischer Zeit wurden sie Dekanate genannt) zusammengefasst. Als höchster Geistlicher des Fürstentums fungierte ein Generalsuperintendent, der meistens auch Oberhofprediger war.
Die Anfänge der Superintendur (des Dekanats) Bayreuth
Die genauen Anfänge der Superintendur Bayreuth liegen etwas im Dunkel. Wilhelm Kneule schreibt in seinem Standardwerk „Kirchengeschichte der Stadt Bayreuth“ von 1971, dass der Geseeser Pfarrer Georg Heyderer vom Markgrafen zum „Superattendenten“ berufen worden sei, weil der Inhaber der ersten Pfarrstelle an der Bayreuther Stadtkirche, Johann Prückner, nicht über die nötigen Führungsqualitäten verfügt hätte (Prückner war „1.Pfarrer an der Stadtkirche von 1519 bis zu seinem Tod 1561). So sei also Gesees für drei Jahre der Sitz des Dekanatsbezirks Bayreuth gewesen.
Allerdings ist im (als sehr zuverlässig einzuschätzenden) „Bayreuther Pfarrerbuch“ von Matthias Simon aus dem Jahr 1930 über den Geseeser Pfarrer Georg Heyderer zu lesen, dass er schon 1554 oder bereits 1551 gestorben sei. Er wird zwar in den Akten einmal als
Inschrift über dem Eingang des Dekanats von 1681
„superattendens“ bezeichnet, wohl aber im Zusammenhang mit der Visitation von 1528/29, wo er dann zeitweise „die Aufsicht geführt“ hätte über Kirchengemeinden und Pfarrer.
So wird man Georg Heyderer, der 1528, also vor 480 Jahren als Pfarrer nach Gesees kam, zumindest als Vorläufer der Bayreuth Superintendenten bezeichnen können. Er soll in Wittenberg studiert haben und von Martin Luther selbst auf Bitten der Stadt nach Kulmbach geschickt worden sein, aber im gleichen Jahr noch auf die einträglicher Pfründe Gesees gewechselt haben.
Nach 1558 werden sowohl Johann Prückner als auch dessen Adjunktus, Justus Bloch, als „Superintendentes“ bezeichnet. Das erklärt sich wohl daher, dass es damals keine Ruhestandsversetzung gab und so hatte ein Pfarrer seine Stelle bis zum Tod inne und bei Altersschwäche o.ä. konnte ihm ein Adjunktus zur Seite gestellt werden.
Nach dem Tod von Johann Prückner 1561 übernahm Justus Bloch die Stelle des Stadtpfarrers und Superattendenten (Prückners Tochter Margarete war seine erste Frau) und hatte sie bis 1586 inne.
Zur Superintendentur Bayreuth gehörten die Pfarreien Bayreuth Stadt, Bayreuth Schlosskirche, Benk, Bindlach, Busbach, Eckersdorf, Emtmannsberg, Gesees, Haag (seit 1588), St. Johannis, Mengersdorf (seit 1614), Mistelbach, Mistelgau, Neunkirchen a.Main, Neustädtlein, Obernsees, und Weidenberg, dazu die zum heutigen Dekanatsbezirk Pegnitz gehörenden Pfarreien Birk, Bronn, Creußen, Lindenhardt, Pegnitz, Plech und Schnabelwaid, außerdem Neustand am Kulm und Wirbenz, die 1803 bayerisch wurden und zu Weiden kamen. Neudrossenfeld gehörte damals zu Kulmbach. (Quelle: Dekanatsbuch 1993, Karl Müssel; Walter Bartl vom Stadtarchiv Bayreuth)
Bayreuth auf seinem kulturellen Höhepunkt als Residenzstadt
Bayreuth wird Residenzstadt
Als Markgraf Christian (1603-1655) seine Residenz von der Plassenburg nach Bayreuth verlegte, wurde aus der kleinen Stadt am Roten Main die Hauptstadt eines Fürstentums und der Regierungssitz und Schauplatz einer fürstlichen Hofhaltung. Zwei verheerende Stadtbrände (1605 und 1621) und der Dreißigjährige Krieg ließen aber das höfische Leben nur wenig zur Entfaltung kommen.
Erst Christians Enkel Christian Ernst (1655-1712) gelang es, der Residenzstadt ein repräsentatives Gepräge zu verleihen: Er schuf das barocke Bayreuth und gründete das nach ihm benannte Gymnasium.
Sein Sohn Georg Wilhelm (1712-1726) gründete St.Georgen und ließ die Ordenskirche erbauen. Der vom Pietismus geprägte Markgraf Georg Friedrich Karl (1726-1735) regierte zu kurz, um eine nachhaltige Wirkung hinterlassen zu können. Mit Errichtung eines Waisenhauses nach dem Vorbild von August Hermann Francke erwarb er sich bleibende Verdienste.
Bayreuth unter Markgraf Friedrich und Markgräfin Wilhelmine
Seinen kulturellen Höhepunkt als Residenzstadt erreichte Bayreuth erst unter Markgraf Friedrich (1735-1763) und seiner Gemahlin Markgräfin Wilhelmine.
Während ihrer Zeit vollzog sich in wenigen Jahren die Hinwendung zum eigenständigen Bayreuther Rokoko, dessen dekorative Raffinesse wir vor allem in den beiden Schlössern der Eremitage,
Markgraf Friedrich (1735 - 1763)
im Neuen Schloß in Bayreuth und in Schloß Fantaisie finden.
Markgraf Friedrich gründete 1742 in Bayreuth auch die Friedrichsakademie, aus der die Universität Erlangen hervorging. Auf Wilhelmine geht hauptsächlich das Markgräfliche Opernhaus zurück.
Markgraf Friedrich war wie seine Vorfahren evangelisch-lutherisch. Wilhelmine gehörte dem reformierten Glauben an, dessen Gemeinde in Bayreuth nur eine unbedeutende Minderheit bildete. Ihren Hofprediger hatte die Markgräfin aus Zürich kommen lassen. Es war Pfarrer Andreas Wüest, unter dem die Gemeinde die heutige Reformierte Kirche in der Erlanger Straße erwarb. Zusammen mit ihrem Gemahl zeigte sich Wilhelmine tolerant und aufgeschlossen gegenüber Andersgläubigen.
Markgräfin Wilhelmine
Die erste Konfirmation in der Stadtkirche
Die einzige Tochter, die 1732 geborene Elisabeth Friederike Sophie, ließ das Markgrafenehepaar lutherisch unterweisen. Im Jahr ihrer Verheiratung mit dem Herzog Karl Eugen von Württemberg wurde die Prinzessin 1748 in der Stadtkirche konfirmiert. Sie war die erste Bayreutherin, die eine Konfirmation erlebte, wie sie wenige Jahrzehnte später in Bayreuth allgemein üblich wurde.
Die Glanzzeit des Fürstentums Brandenburg-Bayreuth endete mit dem Tod des Markgrafen Friedrich 1763. Mit dem Tod seines Nachfolgers Friedrich Christian 1769 hörte Bayreuth auf, Residenzstadt zu sein.
Bayreuth wird bayerisch
Markgraf Alexander regierte von Ansbach aus auch über das Bayreuther Fürstentum. 1791 trat er die fränkischen Markgrafentümer gegen eine Leibrente an den König von Preußen ab. Nach der Besetzung durch die Franzosen 1806 kam das ehemalige Fürstentum Bayreuth 1810 an das Königreich Bayern. Bayreuth wurde die Hauptstadt des bayerischen Obermainkreises, des Vorläufers des heutigen Regierungsbezirkes Oberfranken. . (Quelle: Dekanatsbuch 1993, Karl Müssel)
Richard und Cosima Wagner
als Bayreuther Gemeindemitglieder
„Wie schön ist doch die Religion“
Zur bürgerlichen Existenz von Richard Wagner in Bayreuth gehörte auch eine bemerkenswerte Nähe zur lutherischen Kirche. Trotz der vielen Widersprüche, die Richard Wagner in sich vereinigte, hat er sich in Bayreuth zumindest zeitweise nach einem einfachen Frömmigkeitsstil gesehnt und sich als bewusstes Gemeindeglied gefühlt zu haben. Unter seinem Einfluss trat Ehefrau Cosima am 1.November 1872 zur lutherischen Kirche über. In ihrem Tagebuch notiert sie: „...dann in die Sakristei (der Stadtkirche/Anm.), wo ich mit R. das Abendmahl nehme; erschütternder Akt, meine ganze Seele bebt, unser Dekan spricht aus tiefster Seele, R. ist innig gerührt; wie schön ist doch die Religion - welche Macht könnte eine solche Stimmung in unser Ohr bringen?“
Mindestens am Karfreitag ging Richard mit Cosima in Bayreuth zum Heiligen Abendmahl, wie es für einen evangelischen Christen damals üblich war.
Bei der Konfirmation von Tochter Daniela (von Bülow) merkt Cosima an: „Auch R. in der Kirche, tiefe Ergriffenheit...“ (31.Mai 1874).
Nähe und Distanz
Die kirchliche Bindung des Ehepaares Wagner wird durch innige Freundschaft mit dem liebenswürdigen und lebensklugen Bayreuther Dekan Dr.Wilhelm Dittmar (1801-1877) sehr gestärkt. Schon wenige Wochen nach der Übersiedlung von Tribschen nach Bayreuth schwärmt Cosima von dem Besuch „bei dem herrlichen Dekan Dittmar, ein prächtiger alter Herr, der uns mit freundlichster Lebhaftigkeit empfängt (2.Juni 1872).
Beim Gottesdienst hält es Richard wie viele Mitchristen männlichen Geschlechts: Er überlässt den sonntäglichen Besuch mit Vorliebe Frau Cosima und den Kindern. Weil sich Nähe zur Kirche nicht selten auch in Kritik und Leiden an ihrer Unvollkommenheit ausdrückt, halten die Wagners mit ihren unbehaglichen Empfindungen nicht hinter dem Berg. Immer wieder ertönt die gleiche Klage, die so zeitlos erscheint, wie die Kirche selbst: „In die Kirche, und wiederum eine lange öde Predigt.“ (6.April 1873) - „In die Kirche - zu wenig Erbauung.“ (19.Oktober 1873) - „In die Kirche gegangen, wenig Erbauung davon leider.“ (28.Dezember 1873). Und am Erntedankfest 1877 (5.Oktober) seufzt die frustrierte Kirchgängerin: „Wie viel wäre nicht den armen Leuten, herbeigeströmt, in nicht viel Worten zu sagen, und wie wenig wird ihnen in blühenden langen Reden geboten!“
Ehemann Richard beteiligt sich an der Ursachenforschung: „Das Unglück ist, dass der naive schöne Volksglaube in eine zivilisierte Welt gekommen ist, das hat ihn korrumpiert.“ (18.Oktober 1873) . (Quelle: Dekanatsbuch 1993, Bernd Mayer)
Bayreuths evangelische Christen zur Zeit der Nazidiktatur
Bald wehte die Hakenkreuzfahne von der Stadtkirche
Die Geschichte der evangelischen Christen im Dritten Reich ist gewiss kein Heldenepos des Widerstandes. Auch in Bayreuth gab es, wie überall in der Landeskirche, anfangs eine erstaunliche Blindheit gegenüber dem wahren Charakter der neuen Machthaber. Alles in allem schwankte das Kirchenschiff samt seiner Repräsentanten ganz gewaltig in den Stürmen der Zeit und schlingerte zwischen peinlicher Anpassung und tapferem Widerstand durch das braune Meer.
Bereits in den späten 20er und frühen 30er Jahren gab es in Bayreuth evangelische Theologen, die dem nationalsozialistischen System auf den Leim gegangen waren. Sie erhofften sich eine Renaissance des Glaubens unter der NS-Flagge. So lässt es sich dann auch nicht bestreiten, dass gerade in den protestantischen Kreisen der Stadt der Anbruch des Dritten Reiches lebhaft begrüßt wurde. Bald wehte die Hakenkreuzfahne von der Stadtkirche, im Bayreuther Gemeindeblatt war im April 1933 zu lesen: „In der inneren Erneuerung unseres Volkes müssen Kirche und Staat einander in die Hände arbeiten“, und Oberkirchenrat D.Prieser ließ sich als nationalsozialistischer Festprediger bei der Mai-Feier missbrauchen.
Im Mai 1933 wurde mit Hans Meiser Bayerns erster Landesbischof bei einer außerordentlichen Tagung der Landessynode in Bayern gewählt. Die dabei verabschiedete Resolution klingt für heutige Ohren weithin wie eine Ergebenheitsbekundung gegenüber den neuen Herren des Reiches. Tatsächlich kühlte sich das Klima zwischen bekenntnistreuen lutherischen Christen und dem auf religiöse Nivellierung bedachten NS-Regime schnell ab. Am 23.Juli 1933 sorgte eine nationalsozialistische Manipulation der Bayreuther Kirchenvorsteherwahl für erhebliche Irritationen in den Gemeinden.
Betreff: Kirchenstreit
Die Stadt Bayreuth sollte bald Anlass haben, eine Akte mit dem Titel „Betreff Kirchenstreit“ anzulegen. Dass es unter Bayreuths Theologen unerschrockene Zeitkritiker gab, geht aus einem Tagebucheintrag vom 16.September 1933 von Lotte Warburg hervor: „Ein Prediger hatte von der Bayreuther Kanzel herunter gesagt, wie man jetzt mit den Juden umgehe, das sei unchristlich, und dann schloss er: So, jetzt habe ich’s gesagt, nun kann man mich ja nach Dachau bringen.“
Die evangelische Landeskirche ging nach langem Zaudern im Frühjahr 1934 endlich auf entschiedene Distanz zur Kirchenpolitik des NS-Staates ... Die vom NS-Staat betriebene Eingliederung der Landeskirche in die „Reichskirche“ führte auch in Bayreuth zu einem Klimasturz ... Von nun an saßen Kriminalkommisäre im Sonntagsgottesdienst, wenn bekenntnistreue Kirchenmänner wie Kreisdekan Prieser oder Dekan Dr.Wolfart in der Stadtkirche predigten.
Widerstand ...
Im Oktober 1934 wurde Landesbischof Hans Meiser in München verhaftet. Unter den fränkischen Bauern-Abordnungen, die in einer bewegenden Kundgebung die Freilassung ihres Bischofs erzwangen, waren auch Bauern aus dem Bayreuther Land, die vom Mistelgauer Pfarrer Friedrich Seggel (1877-1965) angeführt wurden. Seggel gehörte zu den konsequentesten und mutigsten Streitern der Bekenntnisbewegung im Dekanatsbezirk Bayreuth.
Kompromisslos legte sich von 1936 an auch Nikolaus Hertrich, von 1936 bis 1946 Pfarrer an der Stadtkirche, mit den braunen Machthabern an. Seine Druckschrift „Was wird aus unserer Kirche?“, die wenige Tage nach ihrem Erscheinen am 18.April 1937 beschlagnahmt wurde, ist ein beeindruckendes Dokument des Widerstandes. In ihm wird - nahezu unverschlüsselt - der „schauerliche Versuch des selbstherrlichen Regimes“ angeprangert, die Kirche in seine Hand zu bekommen - „dass der Mensch in ihr herrsche und Gott zum Schweigen gebracht werde...“
Auf dem Höhepunkt des Kirchenkampfes zeigten sich Bayreuths Christen von ungewohnter Aufmüpfigkeit. Mit überwältigender Mehrheit distanzierten sie sich von der Ideologie und der religiösen Oberflächlichkeit der Deutschen Christen, die am 16.Juni 1935 erstmals einen Gottesdienst in der Spitalkirche, ihrem späteren Stammsitz, abhielten. Zwar blieb Bayreuth mit zeitweise über tausend Mitgliedern eine Hochburg der Deutschen Christen, und 1936 wurde hier Bayerns erste deutsch-christliche Konfirmationsfeier im Braunhemd durchgeführt. Die Bekenntnisbewegung scharte indes eine vielfache Anhängerschar hinter sich. Bis Juni 1935 hatten sich bereits über 8500 Bayreuther in die Liste der Bekenntnisfront eingetragen, wie das Stadtoberhaupt beeindruckt „nach oben“ meldete. Zu Tausenden strömten die bekenntnistreuen evangelischen Christen der Stadt zu kirchlichen Versammlungen, zuweilen mussten sie auf mehrere Säle verteilt werden, so dass viele die Ansprachen nur über Lautsprecher verfolgen konnten.
... und Ergebung
Nachdem indes die Landeskirche den Kirchenstreit intakt und gefestigt überstanden hatte, ebbte die Courage schnell wieder ab, und es gab - in Bayern wie auch in Bayreuth - beschämende Konzessionen an den NS-Staat. Der Kirchenhistoriker Wilhelm Kneule kommt daher zu dem Schluss, dass sich auch die Bayreuther Gemeinde das Stuttgarter Schulbekenntnis hätte zu eigen machen müssen.
(Quelle: Dekanatsbuch 1993, Bernd Mayer) Gedenktafel gegen den Judenhass von 2005
Bayreuths evangelische Christen im Dritten Reich
von Bernd Mayer14
Die Geschichte der evangelischen Christen im Dritten Reich ist gewiß kein Heldenepos des Widerstandes. Auch in Bayreuth gab es, wie überall in der Landeskirche, anfangs eine erstaunliche Blindheit gegenüber dem wahren Charakter der neuen Machthaber. Alles in allem schwankte das Kirchenschifflein samt seiner Repräsentanten ganz gewaltig in den Stürmen der Zeit und schlingerte zwischen peinlicher Anpassung und tapferem Widerstand durch das braune Meer. In vielem ist Bayreuth ein Spiegelbild der landeskirchlichen Entwicklung. Die Nazis selbst schätzten die Kirche von Anfang an als besonders sensibles Feld ein, dem erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen war. In den monatlichen bzw. halbmonatlichen Lageberichten des Bayreuther Oberbürgermeisters rangierte die Rubrik "Kirchenpolitik" bezeichnenderweise gleich nach der Ziffer 2, staatsfeindliche Bestrebungen".
Auch von den Türmen der Stadtkirche wehten zeitweise die Hakenkreuzfahnen
Auch in Bayreuth gab es evangelische Theologen, die dem System schon sehr frühzeitig, in den späten 20er und frühen 30er Jahren, auf den Leim gegangen waren. Es läßt sich wohl nicht bestreiten, daß gerade in den protestantischen Kreisen der Stadt der Anbruch des Dritten Reiches lebhaft begrüßt wurde. Der Bayreuther Kirchenhistoriker Dr. Wilhelm Kneule, mit Wertungen eher zurückhaltend, kommt zu dem Schluß, "daß in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft die überwiegende Mehrheit des Kirchenvolkes mit Blindheit geschlagen war". Die kirchlichen Repräsentanten erhofften sich eine Renaissance des Glaubens unter der NS-Flagge. So predigte beispielsweise der später so tapfer bekennende Bayreuther
Kreisdekan Oberkirchenrat D. Karl Prieser am 5. März 1933, also am entscheidenden Wahlsonntag, in der Stadtkirche über das Thema "Vom Fall lind Wiederaufstieg unseres Volkes", was in den Augen Kneules ein öffentliches "Ja zur nationalen Revolution" darstellte.
Zunächst sah es tatsächlich so aus, als sei die Kirche mit fliegenden Fahnen in die offenen Arme des NS-Staates gelaufen. In der Stadtkirche spielte die SA-Kapelle das "Niederländische Dankgebet" (12. März). Bald wehte die Hakenkreuzfahne auch von der Stadtkirche. Im Bayreuther Gemeindeblatt war
im April 1933 zu lesen: "In der inneren Erneuerung unseres Volkes müssen Kirche und Staat einander in die Hände arbeiten." Und Oberkirchenrat D. Prieser ließ sich als nationalsozialistischer Festprediger bei der Mai-Feier mißbrauchen. Wieder einmal wurden sämtliche Bayreuther Kirchenglocken in Bewegung gesetzt. In der braunen "Gauhauptstadt Bayreuth" beeinflußte Gauleiter Hans Schemm, der bei jeder Gelegenheit seine tiefe religiöse Bindung betonte, die öffentliche Stimmung nachhaltig. Schemm hatte sich ein abstruses pseudoreligiöses Gedankengebäude aus Antisemitismus, germanischen Mythen und schwülstigem nationalen Pathos errichtet. Er übte freilich weniger durch seine verquaste Weltanschauung als durch sein attraktives Erscheinungsbild eine kaum mehr vorstellbare Faszination auf die Bayreuther aus. Was der erste NS-Kultusminister Bayerns so alles von sich gab, ist heute schlichtweg ungenießbar. Nachfolgend einige Kostproben. .Hitler war ein Sämann. Er legte den Samen seiner Idee in den besten deutschen Kraftboden, in das deutsche Herz und Gemüt." Am Grab eines "alten Kämpfers" salbaderte Schemm: "Gräber von Nationalsozialisten sind Gräber des Lebens. Er war ein Prediger des innerlich gelebten Nationalsozialismus." Mit dem Wort heilig wurde permanent Schindluder getrieben.
Im Mai 1933 wurde mit Hans Meiser Bayerns erster Landesbischof bei einer außerordentlichen Tagung der Landessynode in Bayreuth gewählt. Die dabei
verabschiedete Resolution klingt für heutige Ohren weithin wie eine Ergebenheitskundgebung gegenüber den neuen Herren des Reiches. Tatsächlich kühlte sich das Klima zwischen bekenntnistreuen lutherischen Christen und dem auf religiöse Nivellierung bedachten NS-Regime schnell ab. Am 23. Juli 1933 sorgte eine nationalsozialistische Manipulation der Bayreuther Kirchenvorsteherwahl für erhebliche Irritationen in den Gemeinden. Die Stadt Bayreuth sollte bald Anlaß haben, eine Akte mit dem Titel "Betreff Kirchenstreit" anzulegen. Daß es unter Bayreuths Theologen unerschrockene Zeitkritiker gab, geht aus einem Tagebucheintrag von Lotte Warburg (16. September 1933) hervor: "Ein Prediger hatte von der Bayreuther Kanzel herunter gesagt, wie man jetzt mit den Juden umgehe, das sei unchristlich, und dann schloß er: ,So, jetzt habe ich's gesagt, nun kann man mich ja nach
Dachau bringen. ' "
Dr. Hans Meiser (1881 – 1956), der am 4. Mai in Bayreuth zum Landesbischof gewählt worden war, besucht am 23. Juli zusammen mit dem Landesbischof von Hannover, Dr. August Marahrens, die Stadtkirche. Hier wird er von Stadtkirchner Friedrich Lindner begrüßt.
Bei der Lutherfeier im November 1933, deren Höhepunkt mit großem Brimborium auf dem Bayreuther Marktplatz inszeniert wurde, zog das NS-Regime nochmals alle Register der Propaganda. "Der Volksmann Dr. Martin Luther tritt in diesen Tagen an die Seite unseres Volkskanzlers", verkündete Bayreuths NS-Zeitung "Fränkisches Volk". Doch ein Stimmungsumschwung wurde bald unverkennbar; dafür sorgte nicht zuletzt auch die Bewegung der "Deutschen Christen", deren radikalere Strömung einer neuen Dreieinigkeit "Gott, Führer und Volk" huldigte. Jesus Christus hatte auch auf einmal eine verblüffende Ähnlichkeit mit einem "alten Kämpfer". Die evangelische Landeskirche ging nach langem Zaudern im Frühjahr 1934 endlich auf entschiedene Distanz zur Kirchenpolitik des NS-Staates. Zum gleichen Zeitpunkt wurden auch in Bayreuth die evangelischen wie auch die katholischen Jugendvereine der Hitler-Jugend einverleibt. Die kirchliche
Jugendarbeit war damit zerschlagen. Die vom NS-Staat betriebene Eingliederung der Landeskirche in die .Reichskirche" führte auch in Bayreuth zu einem Klimasturz: Von Bayreuths Oberbürgermeister Dr.
Karl Schlumprecht wurde im August 1934 eine "ziemliche Erregung in der protestantischen Bevölkerung" registriert. Von nun an saßen Kriminalkommissäre im Sonntagsgottesdienst, wenn bekenntnistreue Kirchenmänner wie Kreisdekan Prieser oder Dekan Dr. Wolfart in der Stadtkirche predigten.
Im Oktober 1934 wurde Landesbischof Hans Meiser in München verhaftet. Unter den fränkischen Bauern-Abordnungen, die in einer bewegenden Kundgebung die Freilassung ihres Bischofs erzwangen, waren auch Bauern aus dem Bayreuther Land, die vom Mistelgauer Pfarrer Friedrich Seggel (1877-1965) angeführt wurden. Seggel gehörte zu den konsequentesten und mutigsten Streitern der Bekenntnisbewegung im Dekanatsbezirk Bayreuth. Von ihm ist auch ein entschiedener Protest gegen die barbarischen Exzesse der Reichskristallnacht bekannt geworden: Ein Christenmensch, so der Dorfpfarrer in seiner Bußtagspredigt, mache so etwas nicht, dies seien Unmenschen gewesen. Die Tatsache, daß der Theologe trotz einer Anzeige wegen eines Vergehens gegen das Heimtückegesetz nie verhaftet wurde,
macht deutlich, daß oppositionelle Pfarrer durchaus einen gewissen Spielraum hatten. Wie Meiser wurde auch Bayreuths Oberkirchenrat Prieser zeitweise für abgesetzt erklärt, was laut Bericht des Oberbürgermeisters zu einer "starken Erregung" (so der Rapport des Oberbürgermeisters) in der Bevölkerung führte. In St. Georgen wehrten sich Pfarrer Leonhard König (auch er wurde später polizeilich observiert) und der Kirchenvorstand in einer Erklärung vom Dezember 1934 gegen die "unwürdige Behandlung" Meisers und Priesers.
Pfarrer Nikolaus Hertrich, von 1934 – 1946 3. Pfarrer an der Stadtkirche, dessen Schrift „Was wird aus der Kirche“ von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wird.
Kompromißlos legte sich von 1936 an auch Nikolaus Hertrich, von 1936 bis 1946 Pfarrer an der Stadtkirche, mit den braunen Machthabern an. Seine Druckschrift "Was wird aus unserer Kirche?", die wenige Tage nach ihrem Erscheinen am 18. April 1937 beschlagnahmt wurde, ist ein beeindruckendes Dokument des Widerstands. In ihm wird - nahezu unverschlüsselt - der "schauerliche Versuch des selbstherrlichen Regimes" angeprangert, die Kirche in seine Hand zu bekommen - "dass der Mensch in ihr herrsche und Gott zum Schweigen gebracht werde ... " Auf dem Höhepunkt des Kirchenkampfes zeigten sich Bayreuths Christen von ungewohnter Aufmüpfigkeit. Mit überwältigender Mehrheit distanzierten
sie sich von der Ideologie und der religiösen Oberflächlichkeit der Deutschen Christen, die am 16. Juni 1935 erstmals einen Gottesdienst in der Spitalkirche, ihrem späteren Stammsitz, abhielten. Zwar blieb Bayreuth mit zeitweise über tausend Mitgliedern eine Hochburg der Deutschen Christen, und 1936 wurde hier Bayerns erste deutsch-christliche Konfirmationsfeier im Braunhemd durchgeführt. Die Bekenntnisbewegung scharte indes eine vielfache Anhängerschar hinter sich. Bis Juni 1935 hatten sich bereits über 8500 Bayreuther in die Liste der Bekenntnisfront eingetragen, wie das Stadtoberhaupt beeindruckt "nach oben" meldete. Zu Tausenden strömten die bekenntnistreuen evangelischen Christen der Stadt zu kirchlichen Versammlungen, zuweilen mußten sie auf mehrere Säle verteilt werden, so daß viele die Ansprachen nur über Lautsprecher verfolgen konnten.
Ziehen wir ein kurzes Resümee: Die evangelische Kirche leistete in Bayreuth nach anfänglicher beschämender Ignoranz und Anpassung zeitweise tapferen
Widerstand gegen den totalitären Anspruch des NS-Regimes und seiner kirchlichen Erfüllungsgehilfen. Nichts drückte das Stimmungsbarometer in der NS-Gauhauptstadt so gründlich und nachhaltig nach unten wie der Kirchenkampf. Nachdem indes die Landeskirche den Streit intakt und gefestigt überstanden hatte, ebbte die Courage schnell wieder ab, und es gab - in Bayern wie auch in Bayreuth - beschämende Konzessionen an den NS-Staat. Der verstorbene Bayreuther Kirchenhistoriker Wilhelm Kneule kommt daher zu dem Schluß, daß sich auch die Bayreuther Gemeinde das Stuttgarter Schuldbekenntnis hätte zu eigen machen müssen.
Das Dekanat Bayreuth von 1945 bis zur Gegenwart
Die Geschichte des Dekanats in den Nachkriegsjahren ist eng verbunden mit dem Wiederaufbau der Stadt Bayreuth. Die große Zahl der Flüchtlinge wird zur diakonischen Aufgabe der Kirche, der sich auch der erste Nachkriegsdekan, Dr.Eugen Giegler, (1945-1951) annimmt. Dr.Giegler ist auch der erste Bayreuther Dekan, der Oberkirchenrat wird.
Nach Karl Geuder (1951-1959) wird Kirchrat Gerhard Kübel Dekan in Bayreuth. Erfahren im Wiederaufbau, etwa der Nürnberger Lorenzkirche, kümmert er sich besonders um den Nachholbedarf an kirchlichen Bauten in den Randsiedlungen der Stadt.
1999 wird Hans Peetz 39.Dekan von Bayreuth.
Der Dekanatsbezirk umfasst derzeit 26 Pfarreien mit 38 Pfarrstellen (z.T. als 50%-Stellen). Dazu kommen Pfarrvikariate (sog. z.A. Stellen), sowie weitere Planstellen für Sonderaufgaben (z.B. Krankenhausseelsorge)
Eine große Schar von sog. Ruhestandspfarrern und -pfarrerinnen hilft regelmäßig bei Gottesdienstvertretungen und Vakanzzeiten in den Gemeinden aus.
Die Superintendenten und Dekane Bayreuth
von 1558 bis zur Gegenwart
1558 - 1561 Johann Prückner (adjunctus Justus Bloch)
1561 - 1586 Justus Bloch
1586 - 1590 Lorenz Codomann
Wurde vorher zwei Mal von den Calvinisten vertrieben: 1566 aus Amberg und 1584 aus Germersheim, wo er Superintendent war
1590 - 1602 Konrad Bauerschmidt
Schwiegersohn Blochs. Schafft die lateinischen Gesänge in der Beichtvesper ab, will dass deutsche Lieder gesungen werden, damit die Christen mitsingen können. Legt sich durch diese Neuerungen mit dem Generalsuperintendenten Streitberger in Kulmbach an. Stirbt 1602 bei Pestepidemie in Bayreuth.
1604 - 1605 Johann Codomann
Vorher und nachher Superintendent in Kulmbach. Die Jahreszahlen lassen vermuten, dass er im Gefolge des Markgrafen (1603 Residenz Bayreuth) nach Bayreuth zog, aber nach dem Stadtbrand 1605 wieder mit diesem zurückkehrte.
1605 - 1617 Matthäus Häffner („Chyträus“)
1602 als einziger Geistlicher in Bayreuth, der die Pest überlebte; kam im Jahr des Stadtbrandes und der Zerstörung der Stadtkirche nach Bayreuth. Hat sich große Verdienste für die Wiedererrichtung der Stadtkirche und der Lateinschule erworben und 1615 für die Einweihung einen kunstvollen Taufstein gestiftet (der allerdings im Zuge der neugotischen Säuberung wie das meiste barocke Inventar entfernt wurde. Nur die sechs Alabasterreliefs, die der Bildhauer Werner aus Nürnberg besorgt und eingebaut hatte, bleiben erhalten).
1617 - 1627 D. Christoph Schleupner
geb 1566, 1586 Diakonus in Gesees, 1589 Syndiakonus in Bayreuth; sollte Superintendent in Graz werden, wurde dazu auf Kosten der Landstände der Steiermark nach Wittenberg geschickt, um die Doktorwürde zu erwerben, doch in der Zwischenzeit setzte in Graz die Gegenreformation ein; 1600 Superintendent in Hildesheim;
1607 Generalsuperintendent in Eisleben (Grafschaft Mansfeld); 1612 holt ihn Markgraf Christian als Generalsuperintendent nach Bayreuth. In dieser Funktion weiht er am 1. Advent 1614 die wiedererbaute Stadtkirche Heilig Dreifaltigkeit; übernimmt 1617 zusätzlich das Amt des Superintendenten (also quasi Regionalbischof und Dekan zugleich). Nach der zweiten Brandkatastrophe 1621 zieht der Markgraf samt Konsistorium wieder nach Kulmbach, so dass Schleupner nun an zwei Orten wirken muss. Auch als er 1625 als Superintendent nach Hof geht, behält er die Kombination bei. Kurzzeitig leitet er die Kirche in dem vom Schwedenkönig Gustav Adolf eingerichteten „Herzogtum Franken“ in Würzburg, welches aber nach dessen Niederlage schnell wieder zerfällt. „Tiefgründige Gelehrsamkeit, hinreißende Beredsamkeit und hervorragende Organisationsgabe werden an D. Schleupner mit Recht gerühmt.“(Kneule)
1625 - 1632 D. Johann Stumpf
Pfarrerssohn aus Nemmersdorf, frühzeitig verwaist, 1613 Rektor an der Lateinschule in Bayreuth, durchlief alle vier Pfarrstellen; 1627 promoviert, Herausgeber des ersten Bayreuther Gesangbuches 1630 und eines „Landeskatechismus“ (ebenfalls 1630); Stumpf wurde 1632 (30-jähriger Krieg) bei der Eroberung Bayreuths als angeblich „reicher Mann“ mit der Gruppe von 23 Geiseln nach Böhmen verschleppt. Nach 12 Wochen Geiselhaft wurde er wieder ausgelöst, aber verstarb aufgrund der Strapazen und Misshandlungen am 17.12.1632, drei Tage nach seiner Heimkehr. (Gemälde in der Stadtkirche)
1633 - 1634 Zacharias Seidel
Mit Stumpf 1632 verschleppt, stirbt bei einer Pestseuche
am 24. Oktober 1634
1635 Johannes Samstag
Nicht einmal ein ganzes Jahr Superintendent, stirbt er am
9.September 1635 55-jährig an der Pest
1637 - 1651 Johannes Braun
Ein Oberpfälzer, geboren in Sulzbach, dort Karriere bis zum 2. Pfarrer und Professor, 1627 durch die Gegenreformation vertrieben.
1652 - 1654 Samuel Hain
Schwiegersohn von Stumpf, stirbt schon mit 49 Jahren.
1655 - 1669 Magister Stephan Böhner
Bauernsohn aus Laineck, wegen seiner großen Begabung bekommt er auf Vorschlag von Stumpf ein Stipendium des Markgrafen. Von ihm wird neben seiner Frömmigkeit hervorgehoben, dass er mit seinen Kollegen friedlich auskommt und sie in Entscheidungen einbezieht, und dass er sich selbst im Alter selten vertreten ließ. Seine erste Frau und 13 seiner Kinder musste er zu Grabe tragen.
1670 - 1692 Magister Friedrich Pertsch
Sohn des langjährigen Wunsiedler Superintendent, gerühmt wird seine Bescheidenheit.
1693 - 1701 Magister Johann Leonhard Schöpf
Wie Pertsch aus Wunsiedel und Schüler des Kulmbacher Alumneums, dessen Rektor Wolfgang Erhard für seine besonderen Methoden berühmt war. 1692 Oberhofprediger und Beichtvater des Markgrafen. Wird erst mit 65 Jahren Superintendent; ausführliche Schriftauslegungen: allein 68 Predigten über das erste Kapitel des Propheten Jona. Nach seiner Erblindung predigte er frei. Stirb 1701 im Alter von 73 Jahren.
1701 - 1712 Valentin Ambrosius Seidel
Enkel des früher Bayreuther Superintendenten Zacharias Seidel; kam auf Empfehlung des Baron von Stein nach Bayreuth, wurde fürstlicher Beichtvater, 1701 Superintendent, 1708 zusätzlich Oberhofprediger und Generalsuperintendent. Nach seinem Tod blieb die Stelle drei Jahre unbesetzt, „so schwierig war es, Seidel zu ersetzen“. (Lang)
1715 - 1723 Georg Albrecht Stübner
Eltern waren böhmische Exulanten, Vater war Rektor der Fürstenschule in Heilsbronn; schon mit 35 Jahren Superintendent, verstirbt mit 43 Jahren. Machte sich um Kirchengeschichtsschreibung verdient: Lebensläufe der Bayreuther Superintendenten von der Reformation bis zu Vorgänger Seidel, von F.C.Hagen vollendet.
1723 - 1741 Friedrich Caspar Hagen
1741 - 1747 Johann Christoph Rücker
Dekanssohn aus Windsheim, als Hofmeister eines Edlen von der Plassenburg, viel auf Reisen in Deutschland und im Ausland, zeitweise Hofprediger der Prinzessin, die einen Fürsten von Thurn und Taxis heiratet und katholisch wird.
1747 - 1760 D. German August Ellrod
Sohn des Hofpredigers und Professors Michael Ellrod in Bayreuth, hier Schulbesuch und Karriere als Professor der Rhetorik, Poesie und Philosophie sowie als Konsistorialrat; 1743 erster Professor der neu gegründeten Universität Erlangen und zugleich dort Superintendent. Markgraf Friedrich überträgt ihm die Vorbereitung seiner Tochter Elisabeth Friederike Sophie auf deren ersten Abendmahlsgang, der in
Spitalkirche von 1750
großer Feierlichkeit am 7. April 1748 in der Stadtkirche stattfand (Erste Konfirmation in Bayreuth); 1748 zugleich Generalsuperintendent; gründlicher Theologe und Humanist. Er lehnt die ihm zugedachte Erhebung in den Adelsstand ab.
1760 - 1763 Johann Christian Schmidt
Sohn eines Schmiedes aus Trogen. Die Stelle eines Hauslehrers in Preußen nahm er nicht an, da er fürchten musste, von König Friedrich zu den „langen Kerls“ eingezogen zu werden. Durch sein Talent als Prediger machte er Markgraf Friedrich auf sich aufmerksam, der ihn als „Bayreuther Regierungssekretär“ durch die Lande schickte. 1741 nach Weggang des Pietisten Silchmüller Hofprediger, Konsitorialrat und fürstlicher Beichtvater; mit 57 Jahren Superintendent, aber schon durch Krankheit geschwächt.
Sein Schwiegersohn Künneth hat seine Predigten größtenteils erhalten, z.B. die am Sonntag nach dem Brand im Alten Schloss am 26.1.1753 in der Spitalkirche, in der er die Katastrophe als Strafe für menschliche Sünde brandmarkte, z.B. für die Verachtung der Religion, die Entheiligung des Sonntags etc. Bei der Einweihung der neuen Schlosskirche fünf Jahre später wird sein Festpredigt anders geklungen haben. Bei der zweiten Eheschließung des Markgrafen nach dem Tod Wilhelmines gibt er der Predigt das Thema: „Über die Glückseligkeit einer wohlgetroffenen Ehe.“
Sein Nachfolger als Superintendent wird sein einstiger schärfster Gegner:
1763 - 1771 Johann Christoph Silchmüller
Sohn eines Superintendenten in Wasungen (Meiningen), Studium in Jena und Halle, wo er der Bayreuther Markgräfin Christiana als Lehrer ihrer Söhne empfohlen wird; später Waisenhausinspektor in Halle und Mitarbeiter von August Hermann Francke; 1727 Hofprediger und Konsistorialrat von Markgraf Georg Friedrich Karl, auf den er großen Einfluss hatte. Gründer des Waisenhauses und der Armenschule in der Friedrichstraße, 1733 eingeweiht und 1738/39 erweitert. Nach dem Tod des Markgrafen und dem Regierungsantritt Friedrichs und Wilhelmines Superintendent in Kulmbach. Er wendet sich gegen die Steuerlasten für die fürstliche Repräsentation (vgl. Biographie von Manfred Voigt)
1763 vom Nachfolger Friedrichs, Friedrich Christian, nach Bayreuth zurückgeholt als Superintendent, 1764 Generalsuperintendent.
1769 stirbt der letzte Bayreuther Markgraf, das Bayreuther Land fällt an Ansbach. Der Regent Christian Friedrich Karl Alexander übergibt am 22.12.1791 sein Land dem preußischen König Friedrich Wilhelm und begibt sich mit seiner Geliebten nach England.
1771 - 1780 Friedrich Adam Ellrod
Sohn des Superintendenten German August Ellrod; wird von Zeitgenossen als milde Persönlichkeit beschrieben
1781 - 1800 Johann Theodor Künneth
Bäckersohn aus Creußen; Magister; wird wegen seiner literarischen Verdienste als Mitglied des „Pegnesischen Blumenordens“ aufgenommen; ein für alle Wissensgebiete interessierter Mann; z.B. „Zeit- und Handbüchlein“: Kalender mit reichen historischen Nachrichten; Sammler von Naturalien und von Antiquitäten in seiner „Eremitenklause“ in Creußen (viell. auch Kunstgegenstände aus der Stadtkirche, die „entsorgt“ wurden).
Bayreuth ist zunächst preußisch, kommt dann 1806 unter französische Herrschaft und 1810 zu Bayern
1801- 1820 (?) D. Johann Kapp
Fuhrmanns- und Händlersohn aus Oberkotzau, Karriere in Hof, 1783 Hofprediger und Konsistorialrat in Bayreuth, 1799 Verlegung des Konsistoriums nach Ansbach, 1801 zurück nach Bayreuth als Superintendent, zugleich Doktorwürde der Uni Erlangen; 1810 „Kreiskirchenrat“; ein großer Gelehrter auf theologischem, historischem, humanistischem und pädagogischem Gebiet, der viele Schriften veröffentlichte; zugleich als „wahrer Menschenfreund“ gelobt.
1820 - 1824 Ludwig Pflaum
Pfarrerssohn aus Walsdorf bei Bamberg, vom Vater privat unterrichtet; eröffnete nach dem Studium eine private Unterrichtsanstalt in Ansbach; 13 Jahre Pfarrer in Helmbrechts, erreichte dort, dass die Märkte nicht mehr am Sonntag abgehalten werden.
Litt tief unter den religiösen Notständen seiner Zeit: Verachtung der Bibel, der Sonntagsgottesdienste, der Andacht und des Gebetes, Unsittlichkeit und Unzucht; selbst Pfarrern sei die Jagd lieber als die Kanzel, die Spielkarte lieber als die Bibel. Die Obrigkeit solle durch Gesetz die Sonntagsruhe wiederherstelle und die „Rockenstuben“ als die Lasterhöhlen auf dem Land verbieten.
Auch setzte er sich beim König für die Wahl von Kirchenvorständen bzw. Ältesten ein. Der König stimmte zu und ordnete für 1822 Wahlen an, doch die Generalsynode widersprach und brachte die Einführung der Kirchenvorstände zu Fall.
Wegen eines unheilbaren Leides konnte er die Kanzel bald nicht mehr erklimmen, so führte er dafür öffentlich angekündigte Bibelstunden in seiner Wohnung ein. Doch die staatliche Kirchenaufsicht, die in rationalistischem Geist konventikelhafte pietistische Umtriebe witterte, verbot diese Bibelstunden. Auch musste er sich rechtfertigen, warum er eine Schrift mit dem Titel „Im Namen Jesu“ vertrieb, in der für den Missionsverein in Basel geworben wurde.
Entgegen diesen „pietistischen Verdächtigungen“ hatte das rationalistische Denken auch in seinen Predigten und Schriften seine Spuren hinterlassen, geht es doch immer wieder um Gott, Tugend und Unsterblichkeit, in der Osterpredigt statt um Auferstehung um die unsterbliche Seele. Ebenso bei seinem Nachfolger:
1826 - 1853 August Friedrich Blumroeder
27 Jahre lang Dekan, bis ins hohe Alter von fast 80 Jahren; als Lehrer und Rektor vorher im Dienst der Volksbildung und Schulerneuerung; ein Pädagoge, der gerne Hochzeitspredigten durch einen kurzen Unterricht ersetzt hätte; Kerzen durften nur noch zur Abendmahlsfeier angezündet werden; anstelle der Privatbeichte setzte er die allgemeine Beichte durch, führte in Erbendorf die Konfirmation ein und den Jahresschlussgottesdienst. Eine seiner letzten Amtshandlungen war der Empfang der Mitglieder der Generalsynode an der Tür der Stadtkirche, 17 Tage später starb er
Aus seiner Antrittspredigt: „Nimmermehr wird das Laster über die Jugend völlige Oberhand gewinnen, solange es Prediger und Lehrer gibt, deren Amt und Pflicht es ist, das Böse unerschrocken anzuklagen und für das Gute im Namen Gottes zu sprechen.“
Anders als sein Vorgänger sieht Blumroeder die kirchlichen und sittlichen Verhältnisse etwas positiver: die Gottesdienste am Sonntag sind zahlreich besucht, an den Festtagen ist die Kirche gedrängt voll; doch geht nicht einmal ein Drittel der Gemeinde zu Abendmahl. Von den neugeborenen Kindern ist etwas jedes dritte oder vierte unehelich, auch an wilden Ehen fehle es nicht. Viele Beerdigungen geschähen ohne Einsegnung durch einen Pfarrer.
1854 - 1877 Dr. Wilhelm Dittmar
Vom gleichen theologischen Lehrer wie Wilhelm Löhe geprägt, dem reformierten Pfarrer Krafft: Wiederentdeckung des Luthertums und persönliche Frömmigkeit.
Besondere Beziehung zu Richard und Cosima Wagner mit vielen Besuchen und Gesprächen. Auch durch seinen Einfluss tritt Cosima vom katholischen zum evangelischen Glauben über.
Am 1. November 1872 tritt Cosima Wagner unter dem Einfluss ihres Ehemanns Richard zur evangelisch-lutherischen Kirche über. Als uneheliche Tochter von Franz Liszt und der Gräfin Marie d`Agoult war sie in Paris erzogen worden, natürlich römisch-katholisch. Seit dem Umzug nach Bayreuth waren die Wagners eng befreundet mit dem Dekan Dr. Wilhelm Dittmar. Über die Zeremonie in der Sakristei der Stadtkirche schreibt Cosima Wagner in ihr Tagebuch: „... dann in der Sakristei, wo ich mit R(ichard) das Abendmahl nehme; erschütternder Akt, meine ganze Seele bebt, unser Dekan spricht aus tiefster Seele, R(ichard) ist gerührt; wie schön ist doch die Religion - welche Macht könnte eine solche Stimmung in unser Ohr bringen?“ Und Richard Wagner notiert in seinem Tagebuch am Tag danach: „Wie schön war es doch in diesem kleinen Raum der Sakristei, wie mächtig, wie eines Löwen Stimme aus der Höhle kommend, erklang die Stimme unseres Dekans...“
1871/72: Renovierung der Stadtkirche wegen Rissbildungen in den Gewölben (!), Putzschäden; Erneuerung des Fußbodens, Einbau der Emporen auf beiden Seiten (vorher nur linksseitige verbreitert und zweite darüber), Ersatz des barocken Chorgestühls und Kanzel durch neugotische Einrichtung. Der Wunsch Dittmars, auch einen neuen Altar anzuschaffen, wurde von der Regierung abgelehnt; 1876: Einrichtung einer Heizung beantragt, 1891 eingebaut (Warmwasserheizung)
1877 - 1899 Hermann Wilhelm Caselmann
Geboren 10.1.1820 in Speyer, geht wegen konfessioneller Wirren in der Pfalz in den Dienst der bayerischen Landeskirche. Lange Zeit Vorstand des Jean-Paul-Vereins und des Historischen Vereins; großes historisches Interesse. Lässt sich 1896 von der Dekanatsführung entbinden, 1899 emeritiert.
1882: Gründung des „Vereins für Krankenpflege“ aufgrund einer Stiftung des Großkaufmanns Ernst Schmidt, 14.1.1883: zunächst zwei Augsburger Diakonissen zur Krankenpflege und Versorgung der Armen, bis 1895 fünf.
1882: „Verein für freiwillige Armenpflege“ durch Dekan Caselmann gegründet, vor allem zur Unterstützung durchreisender Wanderer, 1887: „Herberge zur Heimat“ in der Schulstraße, mit Arbeitsvermittlungsstelle und Suppenanstalt in den Wintermonaten.
Kleinkinderbewahranstalt in der Dammallee, 1881 eigener geräumiger Saal.
1885: Evangelischer Arbeiterverein: Förderung christlicher Sitte und Bildung unter den Arbeitern, Geselligkeitspflege; 1900 Vereinshaus in der Maxstraße mit Lehrlingshort und evangelischem Jungfrauenverein
1898: Stadtkirche erhält Gasbeleuchtung
1899 - 1910 Kirchenrat Heinrich Kübel
Geb. 1.3.1837 als Sohn des Bayreuther Kupferschmieds und Mechanikers Friedrich Kübel. Nach Besuch des Gymnasiums Mathematikstudium in München, lebenslanges Faible für die Mathematik. Aus der Schule der konservativen Erlanger Theologie (wie fast alle Pfarrer in Bayreuth), „aufrichtig frommer Mann und originelle Natur“ (Kneule)
Einmal verkündete er nach der Predigt, dass heute eine Kollekte für die Blödenanstalt in Neuendettelsau erhoben würde und fuhr fort: Leider habe ich vergessen, am vergangenen Sonntag auf diese heutige Sammlung aufmerksam zu machen. Nun haben manche von Euch kein Geld bei sich. Es wäre mir aber leid, wenn die armen Blöden für meine Nachlässigkeit bestraft würden. Deshalb bitte ich alle, die jetzt nichts geben können, ihre Gaben nachträglich ins Pfarrhaus zu schicken. Die Kollekte fiel glänzend aus.
1911 - 1918 Heinrich Rupprecht
Geb 1859 in Uffenheim, 1893 Dekan in Altdorf, kommt 1900 nach Bayreuth als 4. Pfarrer, Irrenhausseelsorger und Religionslehrer der Kreisoberrealschule. Vorstand des Jean-Paul-Vereins; wechselt 1918 auf die Pfarrstelle Bubenheim (Mfr.)
1912/1913 Bau einer neuen Orgel für die Stadtkirche: unbegrenzte Möglichkeiten der verschiedensten und frappantesten Klangwirkungen.... ein vorzügliches Werk, das seinem Erbauer alle Ehre macht“; 3 Manuale, 60 klingende Register, 4045 Pfeifen, eine der schönsten und größten Orgeln in ganz Bayern
Sonntag, 9. November (!) 1913 Orgelweihe, Predigt über das Psalmwort am Orgelgehäuse: Alles, was Odem hat, lobe den Herrn (Ps 150,6)
Am 14. März 1918 durch einen Brand zerstört.
1918 - 1936 Kirchenrat Dr. Karl Wolfart
Geb 11.3.1871 in Karlsruhe als Sohn eines Ingenieurs, der sich zur kleinen lutherischen Gemeinde hielt, Pfarrer in Lindau, daneben tätig als Bibliothekar, Archivar und Geschichtsforscher, historische Promotion;
1918 nach Kriegsende als Dekan nach Bayreuth berufen (Neuland); Neuordnung der Kirche nach Ende des Staatskirchensystems, Neubau des kirchlichen Lebens von unten her: Einführung von Pfarrsprengeln, Gründung eines „Vereins für Gemeindearbeit“ mit Gemeindehelfern.
Die Zeit der Weimarer Republik, von Kriegsende 1918 bis zum beginnenden Kirchenkampf; 1936 in den Ruhestand, zurück in Lindauer Heimat. Herzstück seiner Tätigkeit: Seelsorge
16.9.1934 Kanzelabkündigung gegen die Angriffe der Nationalsozialisten auf den Württembergischen Landesbischof und auf Bischof Meiser. Im Kirchenvorstand äußert er sich gegen die Versuche des Reichsbischof Müller und der Deutschen Christen, die Landeskirche in die Reichskirche zu überführen. Nicht alle Kirchenvorsteher folgen ihm. Verhindert zusammen mit Kreisdekan Prieser beim Oberbürgermeister, dass Reichsbischof Müller in Bayreuth predigt. Am 31.3.1935 besucht Landesbischof Meiser Bayreuth, begeistert begrüßt in Stadt und Land, predigt in der Stadtkirche - Anlass für die DC, am 5.4.1935 eine eigene Gemeinde zu gründen, Gegenversammlung der „Bekenntnisgemeinschaft“ in der Bürgerressource; Dekan Wolfart versucht am 8. Mai in einer Besprechung der KV der drei Bayreuther Gemeinden eine Verständigung der Parteien, doch Ergebnis war nur, dass man sich „christliche Kampfesweise“ versprach. Trotz Intervention bei der Stadt, wird den DC die Spitalkirche für ihre Gottesdienste zur Verfügung gestellt. Für die Amtshandlungen der DC verweigern die Pfarrer die Zession, aber sie finden trotzdem statt, auch eigene Konfirmationen.
Doch 1933 sind die meisten Pfarrer begeistert, im Gemeindeblatt heißt es: „Die Staatsumwälzung, die jeder Deutsche in den letzten Wochen mit tiefster innerer Bewegung miterlebt hat, muss auch die Kirche in ihrem Leben stark berühren. So wenig sie sich in den politischen Parteikampf einmengen will, so eng ist sie doch mit den vaterländischen Ereignissen verknüpft. In der inneren Erneuerung unseres Volkes müssen Kirche und Staat einander in die Hände arbeiten. So begrüßen wir dankbar die Einsetzung staatlicher Machtmittel gegen die brutalen Äußerungen der Gottlosenpropaganda und gegen die Zersetzung des sittlichen Lebens.“ So wurde vor der Wahl am 9. März also nicht beflaggt, danach, als es sich nicht mehr um Wahlpropaganda, sondern um die „nationale Revolution“ handelte, jedoch alle Pfarrhäuser mit schwarz-weiß-roten Fahnen.
1936 - 1945 August Ammon
Geb 1.12.1888 in Nürnberg, am 10.12.1936 zum Dekan berufen, wechselt am 16.10.1945 als Dekan nach Thurnau
Dekanatsgebäude
1945 - 1951 Dr. Eugen Giegler
Geb. 10.12.1900 in Schweinfurt, Dissertation über „Die Gegenreformation des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn und die Reichsstadt Schweinfurt“, 1939 Leiter des Amtes für Volksmission in Nürnberg (heute Amt für Gemeindedienst).
Große Zahl von Flüchtlingen in Bayreuth, diakonische Herausforderung;
1.10.1951 Dekan in Nürnberg, 1.5.1958 Kreisdekan in Nürnberg, 1969 Ruhestand (Der erste der Bayreuther Dekane, der Oberkirchenrat wird)
1951 - 1959 Karl Geuder
Geb 10.5.1898 in München, 1939 übernimmt er auf dringende Bittes des Landesbischofs Meiser die Pfarrstelle Eibach, Hochburg der DC. Es gelingt ihm, den DC-Pfarrer Beer aus Kirche und Pfarrhaus herauszubringen.
1959 Wechsel auf die Pfarrstelle Mittenwald (mehr Zeit für Seelsorge), 1968 Ruhestand in Bamberg
1959 - 1972 Kirchenrat Gerhard Kübel
Enkelsohn des Dekans KR Heinrich Kübel, geb 9.4.04 in Speyer, 1947 1.Pfarrer Nürnberg-St.Lorenz, wo er eine zerstörte Kirche und eine stark dezimierte Gemeinde vorfand; Wiederaufbau der Lorenzkirche, 18.10.1959 in der Stadtkirche installiert. Berufung nach Bayreuth mit Hinweis auf Nachhofbedarf an kirchlichen Bauten in Randsiedlungen der Stadt,
1972 in den Ruhestand, den er in Bayreuth verlebte.
1972 - 1985 Gottfried Naether
Geb 4.7.1926 in Leipzig, 1952 - 1972 Nürnberg - St. Andreas;
1985 - 1991 Kreisdekan in Ansbach, Ruhestand in Feucht
1986 - 1999 Helmut Hofmann
Geb. 17.12.1941 in Nürnberg, 1967 - 1970 Vikar an der Stadtkirche Bayreuth, 1978 - 1986 Referent im Landeskirchenamt, in der gleichen Abteilung, die er später als Oberkirchenrat leitete; 1.3.1986 - 30.6.1999 Dekan, danach Leiter der Abteilung 9 (später Abteilung C) im Landeskirchenamt (Diakonie, Bildung, Medien), am 1.10.2006 in Ruhestand in Bayreuth
1999 - 2017 Hans Peetz
seit 2017 Jürgen Hacker